Ich bereite zur Zeit (endlich) den ersten Workshop „Mehrstimmiges Singen“ vor. Dieses Projekt ist schon seit längerem angekündigt, aber ich hatte bisher leider nicht die Zeit, es über die Grundidee hinaus zu konkretisieren. Das letzte Singseminar mit Antje hat mir nun einen Motivationsschub gegeben. 🙂 Außerdem ist mein Fundus an schönen und geeigneten Liedern inzwischen so angewachsen, dass es für zwei bis drei dieser Workshops reicht, ohne dass wir etwas wiederholen müssten.
Aus dem Nähkästchen
Ich möchte heute schildern, wie ich bei mehrstimmigen Liedern die einzelnen Stimmen lerne und so vorbereite, dass ich sie bei den Workshops gut vermitteln kann. Vielleicht ermutigt es die eine oder den anderen, bei Bedarf ähnlich vorzugehen.
Einstimmige Lieder oder Mantras höre ich mir – ganz ohne Noten – einfach so oft an, bis sich mir die Melodie eingeprägt hat. Das geht normalerweise relativ schnell. Bei mehrstimmigen Liedern ist es allerdings oft schwierig, nur durch Hören die einzelnen Stimmen und deren Melodieverläufe sicher zu erkennen und zu unterscheiden. Da müssen dann Noten her.
Meine Notenkenntnisse beschränken sich leider auf Basiswissen. Das reicht jedoch aus, um mir auch Lieder, die ich noch nie gehört habe, zu erschließen, indem ich diese Note für Note – sehr langsam – auf einem Klavier-Keyboard spiele.
iPad und GarageBand
Um unbekannte mehrstimmige Melodien zu lernen, nutze ich die App „GarageBand“ auf einem mittlerweile uralten iPad 2. Ich baue die Melodie zunächst für jede Stimme einzeln Note für Note zusammen. Danach kann ich sie parallel – also mehrstimmig – abspielen und wiederum auch jede Stimme einzeln anhören.
GarageBand ist auf allen iPads von Haus aus dabei, kostet also nichts extra. Diese App allein wäre schon ein hinreichender Grund für Musiker, sich ein iPad zuzulegen. Um ein Beispiel zu geben, was man damit alles machen kann: Mit GarageBand habe ich mal im Urlaub das Stück „345“ komponiert, arrangiert und produziert, gemütlich vor einer Almhütte sitzend. 🙂
Spuren und Instrumente
GarageBand funktioniert im Wesentlichen wie ein mehrspuriger Audiorecorder. Ich lege für jede Stimme eine separate Spur an und spiele dann die Melodie in jeder Spur einzeln ein. Ein echtes Instrument oder externes Keyboard muss ich dafür nicht anschließen, GarageBand blendet mir eine (sogar anschlagsdynamische) Klaviatur ein, auf die ich mit den Fingern tippe.

GarageBand – Keyboard
Meist nutze ich ein simuliertes, aber gut klingendes „Grand Piano“ oder ein „Classical Grand“, es stehen aber noch jede Menge anderer Instrumente zur Verfügung.
Vorbereitungen: Takt, Tempo und Tonart
Damit ich zur rhythmischen Orientierung beim Einspielen der Noten ein (eingebautes) Metronom nutzen kann, stelle ich die Taktart des jeweiligen Liedes ein. Hier bietet GarageBand leider nur 4/4, 3/4 und 6/8 Takt an. Wenn ein Lied wie „Lichtgebet“ im 3/2-Takt geschrieben ist, muss man ein wenig improvisieren. In diesem Fall habe ich 3/4-Takt eingestellt, aber das Tempo verringert.
Hilfreich ist es auch, die richtige Tonart einzustellen, weil nur dann die automatischen Instrumente (sofern man sie zur Begleitung nutzen möchte) korrekt klingen. Die in den Noten verwendete Tonart kann man anhand der Vorzeichen identifizieren. Ich gucke bei Bedarf einfach bei Wikipedia nach (Vorzeichen in der Musik).
Begleitakkorde
Stehen über den Noten, die ich in eine Melodie umsetzen will, Akkordangaben (wie z. B. G, Em, C usw.), beginne ich mit einer Extra-Spur für die Akkorde. Ich muss dazu nicht wissen, wie welcher Akkord gespielt wird, also welche Tasten (oder Saiten) zu drücken sind: In GarageBand stelle ich die benötigten Akkorde einfach anhand ihrer Bezeichnungen ein und weise sie verschiedenen Klangfeldern zu, die ich dann nur anzutippen brauche, damit der jeweilige Akkord vom gewählten Instrument erklingt. (Das ist übrigens eine wunderbare Möglichkeit, Akkorde zu erforschen und zu erlernen.) Auch so „exotische“ Sachen wie Em7, Bmaj7 oder Csus4 können eingestellt werden.

GarageBand – Akkorde
Diese Akkord-Spur nutze ich später, um bei Bedarf eine Begleitung für die Gesangsstimmen zu haben, und um zu kontrollieren, ob alles richtig klingt.
Stimmen
Bei den Melodiestimmen gehe ich so vor:
Für jede neue Stimme lege ich eine neue Aufnahmespur an.
Abschnittweise (jeweils einige Takte, wie es gerade vom Lied her passt) identifiziere ich jede Note (ihre Tonhöhe und ihre Länge) und spiele sie auf der Klaviatur. Dazu lasse ich das Metronom ticken, um im richtigen Rhythmus zu bleiben. Dabei nehme ich noch nicht auf. Ich übe und wiederhole den Abschnitt so lange, bis ich ihn sicher spielen kann. Erst dann schalte ich in den Aufnahmemodus und zeichne das, was ich spiele, auf.
Bei gröberen Patzern verwerfe ich die Aufnahme und beginne neu. Kleinere Ausrutscher (zu leise oder zu laute, zu spät oder zu früh einsetzende, zu kurze oder zu lange Töne) kann ich nach der Aufnahme relativ komfortabel korrigieren. Im Bearbeitungsmodus werden die Töne als Kästchen dargestellt, die man verschieben, verlängern und verkürzen kann. Intuitiv und einfach.

GarageBand – Editor
Auf diese Weise entsteht Abschnitt für Abschnitt die Melodie der jeweiligen Stimme. Ist eine Stimme fertig eingespielt, folgt die nächste.
Sind alle Stimmen und Spuren komplett, kann ich sie je nach Bedarf alle zusammen, einzeln oder in beliebiger Kombination abspielen.

GarageBand – Tracks
Lernen
Nun lerne ich jede einzelne Stimme auswendig. Ich spiele sie jeweils einzeln in Dauerschleife ab und singe so lange mit, bis sie sich mir sicher eingeprägt hat.
Nach und nach schalte ich beim Singen einer Stimme die Spuren der anderen Stimmen hinzu, um zu trainieren, mich nicht von den anderen Stimmen ablenken zu lassen.
Irgendwann kann ich dann alle Stimmen sicher und auswendig singen. 🙂
Everyday Looper
Um zu testen, wie alle Stimmen live gesungen zusammen klingen, und ob ich alle richtig gelernt habe, nutze ich eine weitere App namens „Everyday Looper“. Damit kann ich meinen Gesang als Loop (Schleife) aufnehmen, der von der App endlos wiederholt wird. Auch hier stehen mir wieder mehrere Aufnahmespuren zur Verfügung, so dass ich nacheinander alle Stimmen einzeln einsingen kann, während alle zuvor aufgenommenen zusammen in Dauerschleife abgespielt werden.

Everyday Looper
Die Bedienung ist sehr einfach und es macht generell großen Spaß, mit dieser App herumzuspielen und diverse Melodien, Geräusche usw. in Loops auszuprobieren. Auch zum Improvisieren und für Circle Singing ist sie ein tolles Werkzeug.
Workshop-Termine
Ich bin also auf gutem Weg, was die Vorbereitung der Workshops „Mehrstimmiges Singen“ betrifft. 🙂
Sobald Orte und Zeiten feststehen (wahrscheinlicher Beginn im Frühjahr 2019), werde ich alle Newsletter-Empfänger*innen benachrichtigen.
Ich freue mich schon sehr auf das gemeinsame mehrstimmige Singen, das wird toll! 🙂